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Westfälische Affären

Kriminalroman, Piper Taschenbuch 30256, Westfalen-Krimis 2

Erschienen am 14.04.2014
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783492302562
Sprache: Deutsch
Umfang: 336 S.
Format (T/L/B): 2.4 x 19 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Autorenportrait

Katharina Gerwens wuchs in einem Dorf im Münsterland auf. Nach ihrer Ausbildung zur Journalistin arbeitete sie in verschiedenen Verlagen und ist heute als freie Autorin tätig. Sie lebt mit Mann und Katze in Niederbayern. Gemeinsam mit Herbert Schröger verfasste sie eine Reihe von Niederbayern-Krimis, die im fiktiven Ort Kleinöd spielen. Allein veröffentlichte sie bereits mehrere Krimis, unter anderem die Reihe um Franziska Hausmann, die im Bayerischen Wald spielt.

Leseprobe

Immer wenn ihr Mann im Freundeskreis behauptet hatte, sie habe ein Faible für Putzmittel, hatte Thekla Wissing aufs Heftigste widersprochen. Ganz so stimmte das nämlich nicht, auch wenn sie zugeben musste, dass es durchaus Sprays, Scheuerpulver und polierende Öle gab, die ihr die Arbeit erheblich erleichterten. Warum sollte sie die dann nicht auch benutzen? Ihr Mann verstand vom Saubermachen ja ohnehin nichts, jedenfalls hatte sie ihn noch nie putzen sehen. Seufzend wienerte Thekla die Spiegel und die großen Fenster im Gästebad des Sparkassendirektors, wie sie es jeden Montag zu tun pflegte. Außerdem ging sie ihm samstags zur Hand, wenn er Besuch von einem Freund hatte, mit dem er Schach spielte. Thekla durfte dann Schnittchen vorbereiten und Rotweinflaschen entkorken, manchmal stellte sie auch salzige Nüsschen und ein Silbertablett mit knusprigen Chips auf den kleinen Beistelltisch. Einmal hatte sie sogar ein Blümchen in einer Glasschale mit Wasser auf den Treppenabsatz gestellt - zur Dekoration. Aber der Sparkassendirektor hatte sie gebeten, derartige Eigenmächtigkeiten in Zukunft zu unterlassen. Blumen, so sagte er, erinnerten ihn zu sehr an seine Frau. Dabei hatte er sie traurig angesehen. Thekla schluckte. Was für ein sensibler Mann! Davon müsste es mehr auf dieser Welt geben. Leider musste Herr Kalupka immer so viel arbeiten. Sparkassendirektor war in diesen Zeiten wahrlich kein einfacher Job. Ob das mit der Finanzkrise zu tun hatte, von der sie nichts verstand? Resolut zog sie die malvenfarbenen Chintzvorhänge am Küchenfenster zur Seite. Dabei fielen ihr acht tote Marienkäferchen entgegen, die sie nachdenklich auf ihr Kehrblech fegte. Womöglich hing ihr plötzlicher Tod mit dem keimtötenden Mittel zusammen, das sie vor genau einer Woche hier versprüht hatte. Das hatte so streng gerochen, dass sogar sie die Nase kraus gezogen hatte, wo sie doch sonst überhaupt keine Gerüche wahrnahm. Angeblich lag das an ihren wuchernden Nasenpolypen, die ihr der Arzt mit einer Nebenhöhlensanierung wegoperieren wollte. Sanierung - was für ein Wort! Ihre Nase war doch kein altes Haus. Und wozu brauchte man einen Geruchssinn? Sie kam gut ohne aus. Vielleicht hätte sie ja die Dosierung des Putzmittels etwas genauer studieren müssen, aber sie hatte, wie so oft, ihre Lesebrille vergessen. An diesem Montag waren auch ungewöhnlich viele Fliegen im Haus - ganz anders als sonst. Sie schob es auf den enorm heißen Sommer und zog im ersten Stock der Gründerzeitvilla konsequent ihren Putzplan durch. Thekla Wissing putzte gern. Und besonders gern für diesen weltgewandten Mann, der vor etwa vier Monaten nach Kalverode gezogen war und seitdem ganz allein in diesem großen zweigeschossigen Haus lebte. Anderen gegenüber bezeichnete sie sich hochtrabend als Felix Kalupkas 'Hausdame'. Die Leute in Kalverode sollten ruhig glauben, dass sie über edle Teppiche durch große Räume schritt, dabei mit leichter Hand die - leider nicht erwünschten - Blumen ordnete oder allabendlich das Küchenpersonal bei der Dekoration von kalten Platten beaufsichtigte und mit gepflegten Händen edle Tischtücher aus feinstem Leinen glatt strich. So zumindest malte sich Thekla ihre Zukunft aus, aber noch kam sie nur ins Haus, um zu putzen. Sie war die Einzige, die einen Schlüssel zu dieser Villa hatte, in der der Sparkassenleiter vermutlich nur schlief - bis auf die Abende von Samstag auf Sonntag natürlich, wenn er mit seinem Freund beim Schachspiel eine Flasche Wein leerte. Nie mehr. Das wusste Thekla ganz genau, sie hatte es sich nämlich angewöhnt, auch seine Vorräte zu überprüfen. Weil Herr Kalupka sich um die Weltfinanzkrise kümmern musste, hatte er noch keine Zeit gefunden, alle Umzugskisten auszupacken. Dabei waren alle Räume, Schränke und sogar -bis auf die Schlafzimmer - sämtliche Nischen hinter den Tape­ten­türen dank Theklas Einsatz gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit blitzblank geputzt worden und harrten der Dinge, die da kommen würden. Doch wenn er erst einmal richtig ein

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